"Traumsymbole des Individuationsprozesses" (Carl Gustav Jung): Unterschied zwischen den Versionen

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==Werkentstehung und Werkstruktur==
==Werkentstehung und Werkstruktur==
Jungs ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' entstand nach einem langen Prozess der persönlichen Auseinandersetzung mit Traumsymbolen, der nach dem Bruch mit seinem ehemaligen Mentor Freud im Jahr 1914 einsetzte und bis in die 1930er Jahre andauerte. In diesen sechzehn Jahren arbeitete Jung an seinen eigenen, inneren Bildern, was schließlich im ''Roten Buch'' kulminierte. Jung verfügte zu Lebzeiten, dass seine eigenen Träume und Visionen nicht veröffentlicht werden sollten, möglicherweise auch deshalb, weil er sich durch die Beschäftigung mit den eigenen Träumen auch von einer depressiven Verstimmung zu lösen versuchte (Greene 2018, 2). Erst im Jahr 2009 konnten deshalb diese lange geheim gebliebenen Ego-Dokumente der Öffentlichkeit mit der Publikation des ''Roten Buches'' zugänglich gemacht werden. Im Ergebnis grenzt sich der von Jung konstruierte Konnex von Traum und Individuation in vielen wesentlichen Punkten von Freuds Diktum des Wunscherfüllungstraums sowie von Adlers "Wille zur Macht"-Prinzip ab (GW 7, 41 f.). Dabei spielen neben eigenen Traumerfahrungen auch zahlreiche spirituelle, religiöse oder aus anderen Symbolquellen stammende, individuationsrelevante Traumerfahrungen, die ihm von Patienten und anderen Versuchspersonen mitgeteilt wurden, eine wichtige Rolle. Je länger Jung anhand von Traumbeobachtungen an seiner Individuationstheorie forschte, desto stärker wuchs sein Interesse an überindividuellen Einflussfaktoren auf das menschliche Traumerleben (Etheber 1998, 82-86; Roesler/Vogel 2016, 36). In seiner Privatpraxis in Küsnacht entwickelte Jung die Technik der sogenannten "aktiven Imagination", auf deren Grundlage er in einem zweiten Schritt das persönliche und kollektive Unbewusste zu erforschen und auf archetypische Bilder zurückzuführen versuchte (Graf-Nold 2014). Bereits als junger Arzt in der Psychiatrie kam Jung auf die Idee, dass es sich bei den Wahrnehmungen von vielen psychisch erkrankten Menschen keineswegs um simple mentale Irreleitungen handele, sondern darin sehr viel häufiger rational verdrängtes, archetypisches Denken zum Ausdruck komme. Vor allem aber seine jahrelange Auseinandersetzung mit antiken Werken, mit der Astrologie, der Alchemie und nicht zuletzt mit seinen eigenen Träumen, welche Bilder im Grenzbereich von Halbschlafbildern, Halluzinationen und Visionen produziert hätten (Kluger 2011, 225-227), habe ihn in seinem Glauben an überindividuelle und überzeitliche Traumstrukturen bestärkt. (Greene 2018, 2-5).  
Jungs ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' entstand nach einem langen Prozess der persönlichen Auseinandersetzung mit Traumsymbolen, der nach dem Bruch mit seinem ehemaligen Mentor Freud im Jahr 1914 einsetzte und bis in die 1930er Jahre andauerte. In diesen sechzehn Jahren arbeitete Jung an seinen eigenen, inneren Bildern, was schließlich im ''Roten Buch'' kulminierte. Jung verfügte zu Lebzeiten, dass seine eigenen Träume und Visionen nicht veröffentlicht werden sollten, möglicherweise auch deshalb, weil er sich durch die Beschäftigung mit den eigenen Träumen auch von einer depressiven Verstimmung zu lösen versuchte (Greene 2018, 2). Erst im Jahr 2009 konnten deshalb diese lange geheim gebliebenen Ego-Dokumente der Öffentlichkeit mit der Publikation des ''Roten Buches'' zugänglich gemacht werden. Im Ergebnis grenzt sich der von Jung konstruierte Konnex von Traum und Individuation in vielen wesentlichen Punkten von Freuds Diktum des Wunscherfüllungstraums sowie von Adlers "Wille zur Macht"-Prinzip ab (GW 7, 41 f.). Dabei spielen neben eigenen Traumerfahrungen auch zahlreiche spirituelle, religiöse oder aus anderen Symbolquellen stammende individuationsrelevante Traumerfahrungen, die ihm von Patienten und anderen Versuchspersonen mitgeteilt wurden, eine wichtige Rolle. Je länger Jung anhand von Traumbeobachtungen an seiner Individuationstheorie forschte, desto stärker wuchs sein Interesse an überindividuellen Einflussfaktoren auf das menschliche Traumerleben (Etheber 1998, 82-86; Roesler/Vogel 2016, 36). In seiner Privatpraxis in Küsnacht entwickelte Jung die Technik der sogenannten "aktiven Imagination", auf deren Grundlage er in einem zweiten Schritt das persönliche und kollektive Unbewusste zu erforschen und auf archetypische Bilder zurückzuführen versuchte (Graf-Nold 2014). Bereits als junger Arzt in der Psychiatrie kam Jung auf die Idee, dass es sich bei den Wahrnehmungen von vielen psychisch erkrankten Menschen keineswegs um simple mentale Irreleitungen handele, sondern darin sehr viel häufiger rational verdrängtes archetypisches Denken zum Ausdruck komme. Vor allem aber seine jahrelange Auseinandersetzung mit antiken Werken, mit der Astrologie, der Alchemie und nicht zuletzt mit seinen eigenen Träumen, welche Bilder im Grenzbereich von Halbschlafbildern, Halluzinationen und Visionen produziert hatten (Kluger 2011, 225-227), bestärkte ihn in seinem Glauben an überindividuelle und überzeitliche Traumstrukturen (Greene 2018, 2-5).  


Bereits während des Ersten Weltkriegs, in dem er bereits als Arzt tätig war, stellte sich Jung die Frage, "warum Menschen lieber ihre Brüder töten, als in sich selbst nach ihren Schatten zu suchen" (Sadigh 2011). In den 1920er Jahren unternahm Jung ausgedehnte Reisen, die ihn zu den Pueblo-Indianern nach Nordamerika sowie nach Nord- und Ostafrika führten. Während dieser Zeit gelangte Jung zunehmend zu der Überzeugung, dass die Analyse von Symbolen, die der eigenen imaginativen Erfahrung entspringen, in einem dialektischen Prozess zu einer Integration des Unbewussten ins Bewusstsein führen müsste, indem das Ich selbst in die Träume oder die Imagination eindringt und in einen Dialog mit den dort agierenden, unbewussten Figuren tritt (Kast 2014, 38).  
Bereits während des Ersten Weltkriegs, in dem er als Arzt tätig war, stellte sich Jung die Frage, "warum Menschen lieber ihre Brüder töten, als in sich selbst nach ihren Schatten zu suchen" (Sadigh 2011). In den 1920er Jahren unternahm er ausgedehnte Reisen, die ihn zu den Pueblo-Indianern nach Nordamerika sowie nach Nord- und Ostafrika führten. Während dieser Zeit gelangte Jung zunehmend zu der Überzeugung, dass die Analyse von Symbolen, die der eigenen imaginativen Erfahrung entspringen, in einem dialektischen Prozess zu einer Integration des Unbewussten ins Bewusstsein führen müsste, indem das Ich selbst in die Träume oder die Imagination eindringt und in einen Dialog mit den dort agierenden, unbewussten Figuren tritt (Kast 2014, 38).  


Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten fiel Jung in den Jahren 1933 und 1934 mehrfach mit öffentlichen Äußerungen auf, die antisemitisch gedeutet werden können. Mit zeitlichem Voranschreiten des Bestehens der nationalsozialistischen Diktatur änderte Jung seine Rhetorik und öffentliche Handlungsweise hingegen immer deutlicher: Nicht nur verbal, sondern auch mit Taten stellte Jung sich während der 1930er Jahre zusehends gegen jedwede nationalsozialistischen Vereinnahmungsversuche (vgl. u.a. Jungs "persönliche Gleichung": Jung GW 10 (1933), 25-26; für die allgemeine Einordnung seiner Haltung gegenüber nationalsozialistischem Gedankengut: Grunert (1984) Gess (1994), Adler und Jaffé 2001 (1973), Bair (2005), Kirsch (2012), Sorge (2016)). So bemühte sich Jung als Präsident der 1934 neugeschaffenen Internationalen Allgemeinen Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie (IAÄGP) um die Einhaltung von elementaren, rechtlichen Strukturen der bezeichnenderweise nicht in Deutschland, sondern in Zürich ansässigen Gesellschaft. Diese sollte von Deutschland unabhängig und politisch neutral bleiben sowie darüber hinaus dezidiert auch jüdischen Psychotherapeuten, die von der deutschen Landesgruppe ausgeschlossen worden waren, zu einer individuellen Gesellschaftsmitgliedschaft verhelfen (Bair 2005, 638-639).  
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten fiel Jung in den Jahren 1933 und 1934 mehrfach mit öffentlichen Äußerungen auf, die antisemitisch gedeutet werden können. Mit dem zeitlichem Voranschreiten der nationalsozialistischen Diktatur änderte Jung seine Rhetorik und öffentliche Handlungsweise jedoch immer deutlicher: Nicht nur verbal, sondern auch mit Taten stellte Jung sich während der 1930er Jahre zusehends gegen jedwede nationalsozialistischen Vereinnahmungsversuche.<ref>Vgl. u.a. Jungs "persönliche Gleichung", GW 10, 25 f.; für die allgemeine Einordnung von Jungs Haltung gegenüber nationalsozialistischem Gedankengut: Grunert (1984) Gess (1994), Adler und Jaffé 2001 (1973), Bair (2005), Kirsch (2012), Sorge (2016)</ref> So bemühte sich Jung als Präsident der 1934 neugeschaffenen Internationalen Allgemeinen Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie (IAÄGP) um die Einhaltung von elementaren, rechtlichen Strukturen der bezeichnenderweise nicht in Deutschland, sondern in Zürich ansässigen Gesellschaft. Diese sollte von Deutschland unabhängig und politisch neutral bleiben sowie darüber hinaus dezidiert auch jüdischen Psychotherapeuten, die von der deutschen Landesgruppe ausgeschlossen worden waren, zu einer individuellen Gesellschaftsmitgliedschaft verhelfen (Bair 2005, 638-639). Auch innerhalb seines wissenschaftlichen Werks versuchte Jung seit der Mitte der 1930er Jahre verstärkt jeglicher Vereinnahmung durch Politik oder Religion entgegenzuwirken.  
Auch innerhalb seines wissenschaftlichen Werks versuchte Jung seit der Mitte der 1930er Jahre verstärkt jeglicher Vereinnahmung durch Politik oder Religion entgegenzuwirken.  


Diese späte Einsicht in die religionspolitische Neutralitätsverpflichtung spiegelt sich auch in ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' wider. Anstelle von religiösen Einflussfaktoren rücken nunmehr alchemistische Argumentationsketten in den Vordergrund. Besonders an Textstellen, welche die Entschlüsselung von überindividuellen Traumsymbolen thematisieren, kommt Jungs denkerische Distanzierung vom Christentum nunmehr deutlich zum Ausdruck. Insbesondere die Erfahrung seiner Indienreise (1938) könnte dabei eine wichtige Rolle gespielt haben, in deren Verlauf er unter anderem das buddhistische Kloster von Bhutia Busty besuchte und mit dem "lamaistischen Rimpotche namens Lindam Gomchen über das Mandala" (Jung GW 12, 115) sprach. Zugleich ereignete sich Jungs Idee, einem verborgenen Konnex zwischen Buddhismus, Alchemie und Psychologie in den Tiefen des menschlichen Unbewussten nachzuspüren, keineswegs zufällig. Bereits seine vor der Indienreise begonnene Paracelsus-Lektüre gab ihm entsprechende Impulse, weil er in Paracelsus' Werk eine seinem eigenen Denken ähnliche geistige Konfliktlinie zwischen "Wissen und Glauben" (GW 13, 131) entdeckt zu haben glaubte. Seine im zunehmenden Alter gesteigerte Skepsis gegenüber der Verschiebbarkeit "der Grenze des Erkennbaren" innerhalb der psychologischen Disziplin verschriftliche er schließlich in seinem Werk ''Mysterium Coniunctionis'' (GW 14, 130).  
Diese späte Einsicht in die religionspolitische Neutralitätsverpflichtung spiegelt sich auch in ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' wider. Anstelle von religiösen Einflussfaktoren rücken nunmehr alchemistische Argumentationsketten in den Vordergrund. Besonders an Textstellen, welche die Entschlüsselung von überindividuellen Traumsymbolen thematisieren, kommt Jungs denkerische Distanzierung vom Christentum nunmehr deutlich zum Ausdruck. Insbesondere die Erfahrung seiner Indienreise (1938) könnte dabei eine wichtige Rolle gespielt haben; in deren Verlauf besuchte er unter anderem das buddhistische Kloster von Bhutia Busty und sprach mit dem "lamaistischen Rimpotche namens Lindam Gomchen über das Mandala" (TS 115). Zugleich ereignete sich Jungs Idee, einem verborgenen Konnex zwischen Buddhismus, Alchemie und Psychologie in den Tiefen des menschlichen Unbewussten nachzuspüren, keineswegs zufällig. Bereits seine vor der Indienreise begonnene Lektüre des Naturmystikers Paracelsus (1493/94-1541) gab ihm entsprechende Impulse, weil er in dessen Werk eine seinem eigenen Denken ähnliche geistige Konfliktlinie zwischen "Wissen und Glauben" (GW 13, 131) entdeckt zu haben meinte. Seine im zunehmenden Alter gesteigerte Skepsis gegenüber der Verschiebbarkeit "der Grenze des Erkennbaren" innerhalb der psychologischen Disziplin verschriftliche er schließlich in seinem Werk ''Mysterium Coniunctionis'' (GW 14, 130).  
Unter diesen Gesichtspunkten erscheint das im Kapitel "Einleitung in die religionspsychologische Problematik der Alchemie" genutzte Stilmittel der Prokatalepsis zugleich als Zusammenfassung seines forscherischen Erkenntnisinteresses und als erneuerte Kritik an Freud. Bereits in ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' kündigt sich Jungs auf Ganzheitlichkeit ausgerichteter tiefenpsychologischer Ansatz an, der sich gleichermaßen von der (christlichen) Religion wie von biologisch verengten Psychologieansätzen emanzipiert:  
 
Unter diesen Gesichtspunkten erscheint das im Kapitel "Einleitung in die religionspsychologische Problematik der Alchemie" genutzte Stilmittel der Prokatalepsis (also der Vorwegnahme möglicher Einwände) zugleich als Zusammenfassung seines forscherischen Erkenntnisinteresses und als erneuerte Kritik an Freud. Bereits in ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' kündigt sich Jungs auf Ganzheitlichkeit ausgerichteter tiefenpsychologischer Ansatz an, der sich gleichermaßen von der (christlichen) Religion wie von biologisch verengten Psychologieansätzen emanzipiert:  


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: <span style="color: #7b879e;">„In Erinnerung an die bald ein halbes Jahrhundert hinter uns liegenden Anfangszeiten der Analyse mit ihren pseudobiologischen Auffassungen und Entwertungen des seelischen Entwicklungsprozesses wird das Verharren in der analytischen Arbeit gerne als "Lebensflucht", "unabgelöste Übertragung", "Autoerotismus" und was der unliebenswürdigen Auffassungen mehr sind, bezeichnet. […] Der richtige Weg zur Ganzheit aber besteht – leider – aus schicksalsmäßigen Um- und Irrwegen. Es ist eine "longissima via", […] ein Pfad, dessen labyrinthische Verschlungenheit des Schreckens nicht entbehrt. […]  Eine ausschließlich religiöse Projektion kann die Seele ihrer Werte berauben, so daß sie sich infolge der Inanition [Entleerung] nicht mehr weiter zu entwickeln vermag und in einem unbewußten Zustand steckenbleibt" (Jung GW 12, 19-20, 22-23).</span>
: <span style="color: #7b879e;">In Erinnerung an die bald ein halbes Jahrhundert hinter uns liegenden Anfangszeiten der Analyse mit ihren pseudobiologischen Auffassungen und Entwertungen des seelischen Entwicklungsprozesses wird das Verharren in der analytischen Arbeit gerne als "Lebensflucht", "unabgelöste Übertragung", "Autoerotismus" und was der unliebenswürdigen Auffassungen mehr sind, bezeichnet. […] Der richtige Weg zur Ganzheit aber besteht – leider – aus schicksalsmäßigen Um- und Irrwegen. Es ist eine "longissima via", […] ein Pfad, dessen labyrinthische Verschlungenheit des Schreckens nicht entbehrt. […]  Eine ausschließlich religiöse Projektion kann die Seele ihrer Werte berauben, so daß sie sich infolge der Inanition [Entleerung] nicht mehr weiter zu entwickeln vermag und in einem unbewußten Zustand steckenbleibt (GW 12, 19 f., 22 f.).</span>
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In den von Rosenbaum und Jung aufgezeichneten und analysierten Träumen Wolfgang Paulis tritt der Gedanke der "longissima via" ebenfalls auf. Die von Pauli geträumte "unerkannte Frau", die dem Traumsubjekt den Weg "im Schlafland" weist, wird von Jung ebenfalls dahingehend gedeutet, dass das Traumsubjekt im Verlaufe seines Individuationsprozesses lange Wanderungen auf verschlungenen Pfaden zu verrichten habe, ehe es von einem Gipfel der Erkenntnis zum nächsten gelangen könne (GW 12, 10. Initialtraum, 79-82). Im weiteren Argumentationsverlauf des Einleitungskapitels zu ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' gesteht Jung ferner ein, dass er nicht angeben könne, aus welchen Urquellen sich Archetypen im Allgemeinen ableiten ließen (GW 12, 27). Deshalb müsse sich die Psychologie "als empirische Wissenschaft" (GW 14, 130) auf solche Fragen beschränken, die darauf abzielen, ob die in den Träumen zum Ausdruck kommenden Bilder phänomenologisch charakterisiert werden können, zum Beispiel als Helden- oder Gottesbilder, ohne dabei über deren Existenz zu urteilen (GW 12, 27).
In den von Rosenbaum und Jung aufgezeichneten und analysierten Träumen Wolfgang Paulis tritt der Gedanke der "longissima via" ebenfalls auf. Die von Pauli geträumte "unerkannte Frau", die dem Traumsubjekt den Weg "im Schlafland" weist, wird von Jung dahingehend gedeutet, dass das Traumsubjekt im Verlaufe seines Individuationsprozesses lange Wanderungen auf verschlungenen Pfaden zu verrichten habe, ehe es von einem Gipfel der Erkenntnis zum nächsten gelangen könne (GW 12, 10. Initialtraum, 79-82). Im weiteren Argumentationsverlauf des Einleitungskapitels zu ''Traumsymbole des Individuationsprozesses'' gesteht Jung ferner ein, dass er nicht angeben könne, aus welchen Urquellen sich Archetypen im Allgemeinen ableiten ließen (GW 12, 27). Deshalb müsse sich die Psychologie "als empirische Wissenschaft" (GW 14, 130) auf Fragen beschränken, die darauf abzielen, ob die in den Träumen zum Ausdruck kommenden Bilder phänomenologisch charakterisiert werden können, zum Beispiel als Helden- oder Gottesbilder, ohne dabei über deren Existenz zu urteilen (GW 12, 27).
Für diese psychologisch-alchemistische Arbeit sei es zudem vonnöten, den bisweilen chaotischen und – analog zur Hermeneutik – als spiralförmig angenommenen Erkenntnisprozess auf Traumserien zu übertragen: Weil Jung einzelne Träume aufgrund ihrer Bizarrheit, Chiffrierung und Individualität in letzter Konsequenz für tendenziell undeutbar hielt, versuchte er mithilfe einer Kombination von empirischen und hermeneutischen Mitteln, aus Traumserien so etwas wie eine spiralförmige, mandalaartige Struktur mit einem archetypischen Zentrum abzuleiten (ebd., 41 f.).  


Für diese psychologisch-alchemistische Arbeit sei es zudem vonnöten, den bisweilen chaotischen und – analog zur Hermeneutik – als spiralförmig angenommenen Erkenntnisprozess auf Traumserien zu übertragen: Weil Jung einzelne Träume aufgrund ihrer Bizarrheit, Chiffrierung und Individualität in letzter Konsequenz für tendenziell undeutbar hielt, versuchte er mithilfe einer Kombination von empirischen und hermeneutischen Mitteln, aus Traumserien so etwas wie eine spiralförmige, mandalaartige Struktur mit einem archetypischen Zentrum abzuleiten (GW 12, 41 f.).


==Traummaterial und -analyse==
==Traummaterial und -analyse==