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''Inception'' ist ein US-amerikanischer Spielfilm aus dem Jahr 2010 und kann gegenwärtig als eines der bekanntesten Beispiele für die filmische Darstellung von Traum im Traum angesehen werden. ''Inception'' beinhaltet aus mehreren Traumebenen zusammengesetzte Träume und eine entscheidende Schlussambivalenz. Dabei stützt sich der Science-Fiction-Film nicht nur auf die Genretradition der Darstellung von Trauminvasion und -manipulation, sondern steht auch insgesamt in einer Reihe von komplexen ''Traum-im-Traum-Strukturen''.
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''Inception'' ist ein US-amerikanischer Spielfilm aus dem Jahr 2010 und kann gegenwärtig als eines der bekanntesten Beispiele für die filmische Darstellung von Traum im Traum angesehen werden. ''Inception'' beinhaltet aus mehreren Traumebenen zusammengesetzte Träume und eine entscheidende Schlussamivalenz. Dabei stützt sich der Science-Fiction-Film nicht nur auf die Genretradition der Darstellung von Trauminvasion und -manipulation, sondern steht auch insgesamt in einer Reihe von komplexen Traum-im-Traum-Strukturen.
    
== Regisseur/Autor ==
 
== Regisseur/Autor ==
 
Christopher Nolan (*30.07.1970 in London) ist Filmregisseur, -produzent und Drehbuchautor. Er steht in der Tradition des ''auteur''-Kinos in Kombination mit (post-)modernem Hollywood (vgl. Kiss 2012, 43). Zu seinen bekanntesten Filme zählen ''Memento'' (2000), Die ''Dark Knight''-Trilogie (2005–2012), ''The Prestige'' (2006), ''Inception'', ''Dunkirk'' (2017), ''Tenet'' (2020) und aktuell ''Oppenheimer'' (2023); er wurde mehrfach für die Academy Awards (‚Oscars‘) nominiert. Nolan hatte die Idee zu ''Inception'' laut eigener Aussage bereits 10 Jahre vor der Umsetzung, hatte aber zunächst Schwierigkeiten, sie angemessen zu schreiben (vgl. Taubin und Nolan 2010, 32).  
 
Christopher Nolan (*30.07.1970 in London) ist Filmregisseur, -produzent und Drehbuchautor. Er steht in der Tradition des ''auteur''-Kinos in Kombination mit (post-)modernem Hollywood (vgl. Kiss 2012, 43). Zu seinen bekanntesten Filme zählen ''Memento'' (2000), Die ''Dark Knight''-Trilogie (2005–2012), ''The Prestige'' (2006), ''Inception'', ''Dunkirk'' (2017), ''Tenet'' (2020) und aktuell ''Oppenheimer'' (2023); er wurde mehrfach für die Academy Awards (‚Oscars‘) nominiert. Nolan hatte die Idee zu ''Inception'' laut eigener Aussage bereits 10 Jahre vor der Umsetzung, hatte aber zunächst Schwierigkeiten, sie angemessen zu schreiben (vgl. Taubin und Nolan 2010, 32).  
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Wichtige Themen in ''Inception'' wie die Manipulation von Gedanken oder Erinnerungen finden sich auch in anderen Werken Nolans, darunter dem anachron erzählten ''Memento'' (vgl. Knöppler 2015, 45 f.); „Nolan himself has specialized in setting puzzles that can’t be solved. Duplicity—in the sense of both deception and doubling—runs right through his work“ (Fisher 2011, 37). Auch in der Figurenanlage werden von der Forschung Parallelen gesehen: „Cobb is also one of Nolan’s guilt-ridden male protagonists, always in danger of self-destruction“ (Taubin und Nolan 2010, 32). Nolans Werk, so Kiss, durchziehe das Spiel mit der Fiktionalisierung narrativer Eigenheiten (z.B. Erzählen in umgekehrter Reihenfolge, vgl. 2012, 43), die bei ihm durch Eigenschaften menschlicher Kognition motiviert werden (wie Amnesie, vgl. ebd., 46), und sei damit Teil der „‘mainstream complexity’“ (ebd., 43), die komplexes Erzählen mit publikumstauglichem Zugang verbindet. Diese Filme erfordern oft eine mehrmalige Rezeption (vgl. auch ebd., 44). Seine Traumauffassung nennt Nolan subjektiv, er habe dazu bewusst nicht recherchiert, sondern sei von seinem eigenen Erleben ausgegangen (vgl. Taubin und Nolan 2010, 34). Dennoch findet sich populäres Traumwissen in ''Inception''.
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Wichtige Themen in ''Inception'' wie die Manipulation von Gedanken oder Erinnerungen finden sich auch in anderen Werken Nolans, darunter dem anachron erzählten Memento (vgl. Knöppler 2015, 45 f.); „Nolan himself has specialized in setting puzzles that can’t be solved. Duplicity—in the sense of both deception and doubling—runs right through his work“ (Fisher 2011, 37). Auch in der Figurenanlage werden von der Forschung Parallelen gesehen: „Cobb is also one of Nolan’s guilt-ridden male protagonists, always in danger of self-destruction“ (Taubin und Nolan 2010, 32). Nolans Werk, so Kiss, durchziehe das Spiel mit der Fiktionalisierung narrativer Eigenheiten (z.B. Erzählen in umgekehrter Reihenfolge, vgl. 2012, 43), die bei ihm durch Eigenschaften menschlicher Kognition motiviert werden (wie Amnesie, vgl. ebd., 46), und sei damit Teil der „‘mainstream complexity’“ (ebd., 43), die komplexes Erzählen mit publikumstauglichem Zugang verbindet. Diese Filme erfordern oft eine mehrmalige Rezeption (vgl. auch ebd., 44). Seine Traumauffassung nennt Nolan subjektiv, er habe dazu bewusst nicht recherchiert, sondern sei von seinem eigenen Erleben ausgegangen (vgl. Taubin und Nolan 2010, 34). Dennoch findet sich populäres Traumwissen in ''Inception''.
    
== Inhalt ==
 
== Inhalt ==
Dom(inick) Cobb (Leonardo DiCaprio) ist der Kopf eines Teams von ''extractors'', Menschen, die eine besondere Art der Industriespionage betreiben: Sie dringen mittels neuartiger Technologie in die Träume – meistens haben diese im Film mehrere Ebenen – ihrer Opfer ein und fördern geldwerte Geheimnisse zutage. Nachdem ein Auftrag gescheitert ist, bittet (oder eher: zwingt) die ursprüngliche Zielperson, der japanische Unternehmer Saito (Ken Watanabe), das Team, eine besondere Form der Traumspionage vorzunehmen: eine ''inception'', in der in das Unterbewusstsein des Zielsubjekts stattdessen eine Idee ‚eingepflanzt‘ werden soll. Aufgrund des Versprechens, auf diese Weise wieder nach Hause zu seinen Kindern in die USA zurückkehren zu können, stimmt Cobb dem riskanten Unternehmen zu. Dabei hat jedes der Teammitglieder eine spezifische Rolle. Um sicherzustellen, dass es sich nicht im Traum eines anderen befindet, hat jedes Mitglied sein individuelles ''totem'', ein Traum-Objekt; bei Cobb ist es ein Kreisel, den er von seiner Frau übernommen hat.
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Dom(inick) Cobb (Leonardo DiCaprio) ist der Kopf eines Teams von ''extractors'', Menschen, die eine besondere Art der Industriespionage betreiben: Sie dringen mittels neuartiger Technologie in die Träume – meistens haben diese im Film mehrere Ebenen – ihrer Opfer ein und fördern geldwerte Geheimnisse zutage. Nachdem ein Auftrag gescheitert ist, bittet (oder eher: zwingt) die ursprüngliche Zielperson, der japanische Unternehmer Saito (Ken Watanabe), das Team, eine besondere Form der Traumspionage vorzunehmen: eine ''inception'', in der in das Unterbewusstsein des Zielsubjekts stattdessen eine Idee ‚eingepflanzt‘ werden soll. Aufgrund des Versprechens, auf diese Weise wieder nach Hause in die USA zurückkehren zu können, stimmt Cobb dem riskanten Unternehmen zu. Dabei hat jedes der Mitglieder eine spezifische Rolle. Um sicherzustellen, dass es sich nicht im Traum eines anderen befindet, hat jedes Mitglied sein individuelles ''totem'', ein Traum-Objekt; bei Cobb ist es ein Kreisel, den er von seiner Frau übernommen hat.
    
Der Auftrag, einen mehrlagigen Traum des Magnatensohns Robert Fischer (Cillian Murphy) zu ‚bauen‘ und zu beeinflussen, wird durch Cobbs Vergangenheit gefährdet, denn zunehmend dringen Erinnerungen an seine verstorbene Frau Mal (Marion Cotillard) in Form von ''flashbacks'' und destruktivem Verhalten in die gemeinsamen Träume ein und bedrohen sie. Mal hatte sich das Leben genommen, nachdem sie aufgrund zu intensiven Träumens die Fähigkeit verloren hatte, zwischen Traum und Realität zu unterscheiden; dabei hielt sie das Sterben im vermeintlichen Traum für die einzige Möglichkeit, endgültig aufzuwachen. Cobb trägt daran Schuld, denn er hatte bei ihr, um sie zur Rückkehr ins Wachleben zu bewegen, diese Idee induziert.
 
Der Auftrag, einen mehrlagigen Traum des Magnatensohns Robert Fischer (Cillian Murphy) zu ‚bauen‘ und zu beeinflussen, wird durch Cobbs Vergangenheit gefährdet, denn zunehmend dringen Erinnerungen an seine verstorbene Frau Mal (Marion Cotillard) in Form von ''flashbacks'' und destruktivem Verhalten in die gemeinsamen Träume ein und bedrohen sie. Mal hatte sich das Leben genommen, nachdem sie aufgrund zu intensiven Träumens die Fähigkeit verloren hatte, zwischen Traum und Realität zu unterscheiden; dabei hielt sie das Sterben im vermeintlichen Traum für die einzige Möglichkeit, endgültig aufzuwachen. Cobb trägt daran Schuld, denn er hatte bei ihr, um sie zur Rückkehr ins Wachleben zu bewegen, diese Idee induziert.
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Schließlich führt das Team dennoch die ''inception'' durch, stößt dabei jedoch auf ungeahnte Schwierigkeiten: So ‚wehrt‘ sich das Unterbewusstsein der Zielperson und insbesondere Cobb droht durch seine außer Kontrolle geratenen Erinnerungen im ''limbo'' (Limbus), der ‚untersten‘ Traumebene, zu verbleiben, in der die Zeitwahrnehmung verändert ist und aus der man schwer herausgelangen kann. Das Ende des Films suggeriert (zunächst), dass es dennoch gelingt: Zwar wachen zunächst nur die übrigen Mitglieder von ihren jeweiligen Traumebenen aus auf und Cobb bleibt im ''limbo'' zurück, wo er auf den zuvor im Traum erschossenen und dort gealterten Saito trifft, doch schließlich scheint auch er auf der Ausgangsebene zu erwachen. Die letzte Szene des Films zeigt ihn wiedervereint mit seinen Kindern. Auf dem Tisch dreht sich Cobbs Kreisel. Bevor die Zuschauenden sehen können, ob er aufhört, sich zu drehen (ein Indikator für den Traum eines anderen), folgt eine Schwarzblende; der tatsächliche Realitätsstatus bleibt damit offen.
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Schließlich führt das Team dennoch die ''inception'' durch, stößt dabei jedoch auf ungeahnte Schwierigkeiten: So ‚wehrt‘ sich das Unterbewusstsein der Zielperson und insbesondere Cobb droht durch seine außer Kontrolle geratenen Erinnerungen im ''limbo'' (Limbus), der ‚untersten‘ Traumebene, zu verbleiben, in der die Zeitwahrnehmung verändert ist und aus der man schwer herausgelangen kann. Das Ende des Films suggeriert (zunächst), dass es dennoch gelingt: Zwar wachen zunächst nur die übrigen Mitglieder von ihren jeweiligen Traumebenen aus auf und Cobb bleibt im limbo zurück, wo er auf den zuvor im Traum erschossenen und dort gealterten Saito trifft, doch schließlich scheint auch er auf der Ausgangsebene zu erwachen. Die letzte Szene des Films zeigt ihn wiedervereint mit seinen Kindern. Auf dem Tisch dreht sich Cobbs Kreisel. Bevor die Zuschauenden sehen können, ob er aufhört, sich zu drehen (ein Indikator für den Traum eines anderen), folgt eine Schwarzblende; der tatsächliche Realitätsstatus bleibt damit offen.
    
== Die Träume (''Traum-im-Traum-Strukturen'') ==
 
== Die Träume (''Traum-im-Traum-Strukturen'') ==
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Am Anfang des Films nach den Studiotiteln befindet sich zunächst eine '''Prolepse''' (dazu später; vgl. Eichner 2014, 183; Rogy 2018, 169): Ein Mann (Cobb) wird, offenbar in Asien, an einem Strand angespült, zwei Kinder werden im Sand spielend in Zeitlupe gezeigt, der Mann wird von einem Bewaffneten zu einem Japaner (Saito) gebracht. Außer einer Schusswaffe trägt der Mann einen kleinen Kreisel bei sich. Der alte Japaner erwähnt, vor langer Zeit („many, many years ago“, In 02:19 f.) schon einmal ein solches Objekt gesehen zu haben.
 
Am Anfang des Films nach den Studiotiteln befindet sich zunächst eine '''Prolepse''' (dazu später; vgl. Eichner 2014, 183; Rogy 2018, 169): Ein Mann (Cobb) wird, offenbar in Asien, an einem Strand angespült, zwei Kinder werden im Sand spielend in Zeitlupe gezeigt, der Mann wird von einem Bewaffneten zu einem Japaner (Saito) gebracht. Außer einer Schusswaffe trägt der Mann einen kleinen Kreisel bei sich. Der alte Japaner erwähnt, vor langer Zeit („many, many years ago“, In 02:19 f.) schon einmal ein solches Objekt gesehen zu haben.
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Der '''Eingangstraum''' (In 02:41–14:48) beginnt zunächst unbemerkt, indem statt des alten ein jüngerer Mann (Saito) zu sehen ist, der sich mit demselben Mann (Cobb) unterhält, diesmal allerdings im Rahmen einer Abendveranstaltung. Dort erklärt Cobb, dass die effizienteste Methode zur Erlangung von Geheimnissen das Eindringen in die Träume einer Zielperson sei und dabei das Gefährlichste eine Idee ist: <blockquote>What is the most resilient parasite? Bacteria? A virus? An intestinal worm? […] An idea. Resilient, highly contagious. Once an idea has taken hold of the brain it’s almost impossible to eradicate. An idea that is fully formed, fully understood, that sticks right in there [zeigt auf seinen Kopf] somewhere. (In 02:39–03:04)</blockquote>Im Folgenden spielt sich das Geschehen auf drei Ebenen ab, die sukzessive offenbart werden. Speziell im Rahmen des Aufwachprozesses wird zwischen den Traumebenen immer wieder mittels Parallelmontagen – dem wohl wichtigsten filmischen Mittel in ''Inception'' (vgl. Koebner 2018, 163; Haydn Smith 2020, 195) – gewechselt.
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Der '''Eingangstraum''' (In 02:41–14:48) beginnt zunächst unbemerkt, indem statt des alten ein jüngerer Mann (Saito) zu sehen ist, der sich mit demselben Mann (Cobb) unterhält, diesmal allerdings im Rahmen einer Abendveranstaltung. Dort erklärt Cobb, dass die effizienteste Methode zur Erlangung von Geheimnissen das Eindringen in die Träume einer Zielperson sei und dabei das Gefährlichste eine Idee ist: „What is the most resilient parasite? Bacteria? A virus? An intestinal worm? […] An idea. Resilient, highly contagious. Once an idea has taken hold of the brain it’s almost impossible to eradicate. An idea that is fully formed, fully understood, that sticks right in there [zeigt auf seinen Kopf] somewhere“ (In 02:39–03:04).
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Im Folgenden spielt sich das Geschehen auf drei Ebenen ab, die sukzessive offenbart werden. Speziell im Rahmen des Aufwachprozesses wird zwischen den Traumebenen immer wieder mittels Parallelmontagen – dem wohl wichtigsten filmischen Mittel in ''Inception'' (vgl. Koebner 2018, 163; Haydn Smith 2020, 195) – gewechselt.
    
'''(3) in Saitos (geträumtem) Haus/Arthurs Traumebene''': Cobb und Arthur versuchen, Saitos Geheimnis aus dem ‚Safe‘ seines Unterbewusstseins zu stehlen. Dies scheitert, als eine Frau (Cobbs verstorbene Frau Mal bzw. Cobbs Projektion von ihr) auftaucht und das Geschehen sabotiert. Die Ebene beginnt zusammenzubrechen, was sich durch Erschütterungen ankündigt und im Zuge der sich entspinnenden Verfolgungsjagden und Kämpfe eskaliert, bis die Ebene schließlich durch einen Wassereinbruch aus Ebene (2) beendet wird. Cobb kann Papiere aus dem Safe (Unterphase, siehe auch die ''inception'') stehlen, sieht aber, dass darin viele Stellen geschwärzt sind.
 
'''(3) in Saitos (geträumtem) Haus/Arthurs Traumebene''': Cobb und Arthur versuchen, Saitos Geheimnis aus dem ‚Safe‘ seines Unterbewusstseins zu stehlen. Dies scheitert, als eine Frau (Cobbs verstorbene Frau Mal bzw. Cobbs Projektion von ihr) auftaucht und das Geschehen sabotiert. Die Ebene beginnt zusammenzubrechen, was sich durch Erschütterungen ankündigt und im Zuge der sich entspinnenden Verfolgungsjagden und Kämpfe eskaliert, bis die Ebene schließlich durch einen Wassereinbruch aus Ebene (2) beendet wird. Cobb kann Papiere aus dem Safe (Unterphase, siehe auch die ''inception'') stehlen, sieht aber, dass darin viele Stellen geschwärzt sind.
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'''(2) in Saitos (geträumter) Zweitwohnung/Nashs Traumebene''': Außerhalb sind Tumulte und Explosionen zu sehen, Nash (Lukas Haas) und Arthur (Joseph Gordon-Levitt) wecken Saito mittels einer Maschine (PASIV) und versuchen, Cobb zu wecken. Dies gelingt schließlich nur mittels eines ''kicks'', der Cobb rückwärts in eine Badewanne fallen lässt und auf Ebene (3) das Traum-Gebäude mit Wasser flutet. Das Team verhört Saito zu den Geheimnissen, dieser bemerkt aber anhand der Textur des Teppichs, dass auch diese Ebene nicht real ist. Saito erwähnt, dass es sich um einen Test gehandelt habe, den sie nicht bestanden hätten. Tadashi, ein japanischer Teenager, setzt Nash währenddessen in einem Schnellzug Kopfhörer auf, die das Lied ''Non, je ne regrette rien'' von Édith Piaf spielen. Die eskalierenden Tumulte sowie der Einfluss aus Ebene (1) mit dem Piaf-Lied führen zum Aufwachen.  
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'''(2) in Saitos (geträumter) Zweitwohnung/Nashs Traumebene''': Außerhalb sind Tumulte und Explosionen zu sehen, Nash (Lukas Haas) und Arthur wecken Saito mittels einer Maschine (PASIV) und versuchen, Cobb zu wecken. Dies gelingt schließlich nur mittels eines ''kicks'', der Cobb rückwärts in eine Badewanne fallen lässt und auf Ebene (3) das Traum-Gebäude mit Wasser flutet. Das Team verhört Saito zu den Geheimnissen, dieser bemerkt aber anhand der Textur des Teppichs, dass auch diese Ebene nicht real ist. Saito erwähnt, dass es sich um einen Test gehandelt habe, den sie nicht bestanden hätten. Tadashi, ein japanischer Teenager, setzt Nash währenddessen in einem Schnellzug Kopfhörer auf, die das Lied ''Non, je ne regrette rien'' von Édith Piaf spielen. Die eskalierenden Tumulte sowie der Einfluss aus Ebene (1) mit dem Piaf-Lied führen zum Aufwachen.  
    
'''(1) im Schnellzug/Wachebene, Tadashis Verantwortung''': Nachdem Arthur erwacht ist und Nash in (2) angegriffen wurde, erwachen nacheinander die anderen Teammitglieder mithilfe der Maschine, streiten über das gescheiterte Unternehmen und lassen Saito zurück, der schließlich allein aufwacht, sich offenbar erinnert und lächelt. Später zeigt sich, dass Saito Cobb manipuliert hat, um zu testen, ob er und sein Team für die Durchführung einer ''inception'' geeignet sind.
 
'''(1) im Schnellzug/Wachebene, Tadashis Verantwortung''': Nachdem Arthur erwacht ist und Nash in (2) angegriffen wurde, erwachen nacheinander die anderen Teammitglieder mithilfe der Maschine, streiten über das gescheiterte Unternehmen und lassen Saito zurück, der schließlich allein aufwacht, sich offenbar erinnert und lächelt. Später zeigt sich, dass Saito Cobb manipuliert hat, um zu testen, ob er und sein Team für die Durchführung einer ''inception'' geeignet sind.
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Filmisch sind neben der damit einhergehenden hohen Schnittfrequenz als charakteristisch besonders zeitgestaltende Mittel zu beobachten: Die erwähnten Parallelmontagen ermöglichen ein schnelles Wechseln zwischen gleichzeitig stattfindenden Ereignissen auf verschiedenen Traumebenen, das Zeigen der ebenenübergreifenden Konsequenzen einzelner Handlungen (z.B. Cobb fällt in (2) ins Wasser, in (3) wird das Haus überflutet) sowie eine dennoch bleibende Orientierung, nachdem der Ebenenwechsel einmal bekannt ist. Im Kontrast stehen wiederholt eingesetzte Zeitlupen (z.B. bei dem Sturz ins Wasser), die außerdem die besondere Zeit der Traumebenen verdeutlichen, denn später wird erkennbar, dass Zeit auf den tieferen Ebenen wesentlich schneller vergeht (d.h. dort vergeht subjektiv mehr Zeit als auf einer höheren Ebene bzw. in der Wachwelt). Wiederholt wird dazu eine Detailaufnahme eines Chronographen gezeigt (vgl. z.B. In 12:05–07), dessen voranlaufender Zeiger sich plötzlich verlangsamt. Nolan sagt über den Einsatz zeitgestaltender Mittel wie Zeitlupe im Film: „We’ve embraced it as part of the narrative. What’s different about the film is also what’s familiar about the film. We’ve repurposed the techniques you’ve seen in other movies to have a narrative meaning“ (Taubin und Nolan 2010, 35).
 
Filmisch sind neben der damit einhergehenden hohen Schnittfrequenz als charakteristisch besonders zeitgestaltende Mittel zu beobachten: Die erwähnten Parallelmontagen ermöglichen ein schnelles Wechseln zwischen gleichzeitig stattfindenden Ereignissen auf verschiedenen Traumebenen, das Zeigen der ebenenübergreifenden Konsequenzen einzelner Handlungen (z.B. Cobb fällt in (2) ins Wasser, in (3) wird das Haus überflutet) sowie eine dennoch bleibende Orientierung, nachdem der Ebenenwechsel einmal bekannt ist. Im Kontrast stehen wiederholt eingesetzte Zeitlupen (z.B. bei dem Sturz ins Wasser), die außerdem die besondere Zeit der Traumebenen verdeutlichen, denn später wird erkennbar, dass Zeit auf den tieferen Ebenen wesentlich schneller vergeht (d.h. dort vergeht subjektiv mehr Zeit als auf einer höheren Ebene bzw. in der Wachwelt). Wiederholt wird dazu eine Detailaufnahme eines Chronographen gezeigt (vgl. z.B. In 12:05–07), dessen voranlaufender Zeiger sich plötzlich verlangsamt. Nolan sagt über den Einsatz zeitgestaltender Mittel wie Zeitlupe im Film: „We’ve embraced it as part of the narrative. What’s different about the film is also what’s familiar about the film. We’ve repurposed the techniques you’ve seen in other movies to have a narrative meaning“ (Taubin und Nolan 2010, 35).
   
Neben den oben beschriebenen Elementen sind die Ebenenübergänge, die sich hier teils auch diegetisch unterscheiden,<ref>Erzähltheoretisch werden Träume und darauf basierend auch Traumebenen häufig mit diegetischen Ebenen (Erzählebenen) gleichgesetzt, so etwa bei Genette (vgl. 2010, 149f.) und filmnarratologisch bei Markus Kuhn (vgl. 2011, 152, 285f.) und Bumeder (vgl. 2014, 260f.). Mit Matthias Brütsch (vgl. 2011a, 255f.) nehme ich aber an, dass es sich nur dann um eine diegetische Ebene handelt, wenn diese auch explizit von einer Figur erzählt wird. In Inception ist insofern eine Sondersituation gegeben, als es deutlich erzählte/fokalisierte Partien gibt (v.a., wenn Cobb Ariadne von Mal erzählt). Diskutabel ist, ob die oft einer Person zugeordnete Verantwor-tung für eine Traumebene ebenfalls als ‚erzählt werden‘ angesehen werden kann. Kiss spricht von „illusory metalepsis“ in diesem Zusammenhang (2012, 37), aber bei den Traumleveln ebenfalls von vier ‚hypodiegeti-schen Ebenen‘ (vgl. ebd., 38) – das ist Mieke Bals analoge Bezeichnung zu Genettes ‚intra-, meta-, metameta-diegetisch‘ etc. Siehe auch die Untersuchung im Sinne der Possible Worlds Theory (PWT) in Lugea 2013.</ref> durch Augenschließen und -öffnen träumender Personen verdeutlicht (vgl. etwa In 08:45 f., 13:59–14:05). Es zeigt sich, dass über die Maschine hinaus, an die die Träumenden auf mehreren Ebenen angeschlossen sind, weitere Möglichkeiten zum Aufwachen auf der nächsthöheren Ebene durch einen Außenwelteinfluss bzw. Einfluss von der nächsten Ebene vorhanden sind (Wasser, das leitmotivische Piaf-Chanson) sowie im Extremfall durch das ‚Töten‘ einer träumenden Person auf einer Traumebene.
 
Neben den oben beschriebenen Elementen sind die Ebenenübergänge, die sich hier teils auch diegetisch unterscheiden,<ref>Erzähltheoretisch werden Träume und darauf basierend auch Traumebenen häufig mit diegetischen Ebenen (Erzählebenen) gleichgesetzt, so etwa bei Genette (vgl. 2010, 149f.) und filmnarratologisch bei Markus Kuhn (vgl. 2011, 152, 285f.) und Bumeder (vgl. 2014, 260f.). Mit Matthias Brütsch (vgl. 2011a, 255f.) nehme ich aber an, dass es sich nur dann um eine diegetische Ebene handelt, wenn diese auch explizit von einer Figur erzählt wird. In Inception ist insofern eine Sondersituation gegeben, als es deutlich erzählte/fokalisierte Partien gibt (v.a., wenn Cobb Ariadne von Mal erzählt). Diskutabel ist, ob die oft einer Person zugeordnete Verantwor-tung für eine Traumebene ebenfalls als ‚erzählt werden‘ angesehen werden kann. Kiss spricht von „illusory metalepsis“ in diesem Zusammenhang (2012, 37), aber bei den Traumleveln ebenfalls von vier ‚hypodiegeti-schen Ebenen‘ (vgl. ebd., 38) – das ist Mieke Bals analoge Bezeichnung zu Genettes ‚intra-, meta-, metameta-diegetisch‘ etc. Siehe auch die Untersuchung im Sinne der Possible Worlds Theory (PWT) in Lugea 2013.</ref> durch Augenschließen und -öffnen träumender Personen verdeutlicht (vgl. etwa In 08:45 f., 13:59–14:05). Es zeigt sich, dass über die Maschine hinaus, an die die Träumenden auf mehreren Ebenen angeschlossen sind, weitere Möglichkeiten zum Aufwachen auf der nächsthöheren Ebene durch einen Außenwelteinfluss bzw. Einfluss von der nächsten Ebene vorhanden sind (Wasser, das leitmotivische Piaf-Chanson) sowie im Extremfall durch das ‚Töten‘ einer träumenden Person auf einer Traumebene.
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Abermals handelt es sich um einen Traum im Traum, der diesmal jedoch für Figuren wie Zuschauende von Beginn an als solcher bekannt ist. Eine bedingte Ausnahme ist dabei Fischer, der erst sukzessive in die Struktur des Traums eingeweiht und die ganze Zeit von Cobbs Team manipuliert wird. Der Traum besteht – neben dem Limbus – aus drei Ebenen, für die jeweils wieder ein Mitglied verantwortlich zeichnet, das zudem eine spezifische Funktion hat: Yusuf ist als chemist dafür zuständig, ein starkes Sedativ zu verabreichen, um auf tiefere Traumebenen gelangen zu können, Arthur (Joseph Gordon-Levitt) kontrolliert die zweite Traumebene, Eames ist der Gestaltwandler (forger) und erweckt in Fischer zunächst den Eindruck, sein Pate zu sein. Cobb und Ariadne dringen dann mit Saito bis auf die dritte Traumebene und dann in den Limbus vor. Ariadne hat, resultierend aus dem vorangegangenen Aufzugtraum, darauf bestanden, ebenfalls Teil der ''inception'' zu sein.
 
Abermals handelt es sich um einen Traum im Traum, der diesmal jedoch für Figuren wie Zuschauende von Beginn an als solcher bekannt ist. Eine bedingte Ausnahme ist dabei Fischer, der erst sukzessive in die Struktur des Traums eingeweiht und die ganze Zeit von Cobbs Team manipuliert wird. Der Traum besteht – neben dem Limbus – aus drei Ebenen, für die jeweils wieder ein Mitglied verantwortlich zeichnet, das zudem eine spezifische Funktion hat: Yusuf ist als chemist dafür zuständig, ein starkes Sedativ zu verabreichen, um auf tiefere Traumebenen gelangen zu können, Arthur (Joseph Gordon-Levitt) kontrolliert die zweite Traumebene, Eames ist der Gestaltwandler (forger) und erweckt in Fischer zunächst den Eindruck, sein Pate zu sein. Cobb und Ariadne dringen dann mit Saito bis auf die dritte Traumebene und dann in den Limbus vor. Ariadne hat, resultierend aus dem vorangegangenen Aufzugtraum, darauf bestanden, ebenfalls Teil der ''inception'' zu sein.
 
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[[Datei:Inception Ebenen.png|mini|350x350px|Die Ebenenstruktur der ''inception''.]]
 
Die ''inception'' ist nach Vorbild eines Heist-Movies dramaturgisch gestaltet, wobei sich u.a. durch Cobbs ungelöste Erinnerungen an seine Frau unvorhergesehene Probleme ergeben. Filmisch dominiert abermals die Parallelmontage, so dass sehr oft zwischen den Traumebenen per Schnitt gewechselt wird, die Zuschauenden jedoch stets über die Struktur orientiert bleiben. So enthalten die Zeiten einer Ebene zunehmend auch die parallel montierten Ereignisse auf höheren Ebenen (vgl. anders die Zusammenfassungen in Böhme 2013). Zur Differenzierung tragen auch die verschiedenen Wetterbedingungen, Settings und Farbgestaltungen bei (vgl. Kiss 2012, 47). Dabei ist das oben eingeführte unterschiedliche Vergehen der Zeit entscheidend, weshalb Zeitlupeneinstellungen als zweites wichtigstes filmisches Mittel ebenfalls prominent vorkommen.
 
Die ''inception'' ist nach Vorbild eines Heist-Movies dramaturgisch gestaltet, wobei sich u.a. durch Cobbs ungelöste Erinnerungen an seine Frau unvorhergesehene Probleme ergeben. Filmisch dominiert abermals die Parallelmontage, so dass sehr oft zwischen den Traumebenen per Schnitt gewechselt wird, die Zuschauenden jedoch stets über die Struktur orientiert bleiben. So enthalten die Zeiten einer Ebene zunehmend auch die parallel montierten Ereignisse auf höheren Ebenen (vgl. anders die Zusammenfassungen in Böhme 2013). Zur Differenzierung tragen auch die verschiedenen Wetterbedingungen, Settings und Farbgestaltungen bei (vgl. Kiss 2012, 47). Dabei ist das oben eingeführte unterschiedliche Vergehen der Zeit entscheidend, weshalb Zeitlupeneinstellungen als zweites wichtigstes filmisches Mittel ebenfalls prominent vorkommen.
  
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