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:''<span style="color: #7b879e;">einez als ein ahsendrum.“'' <span style="color: #7b879e;">(H V. 592–597)
 
:''<span style="color: #7b879e;">einez als ein ahsendrum.“'' <span style="color: #7b879e;">(H V. 592–597)
 
:<span style="color: #7b879e;">(„Mir träumte noch mehr; mit einem Fuß gingst du auf der Erde, aber mit dem anderen Knie standest du hoch auf einer Stelze. Da ragte dir aus dem Rock eines wie ein Stumpf.)
 
:<span style="color: #7b879e;">(„Mir träumte noch mehr; mit einem Fuß gingst du auf der Erde, aber mit dem anderen Knie standest du hoch auf einer Stelze. Da ragte dir aus dem Rock eines wie ein Stumpf.)
|}Der dritte Traum behandelt das Abschlagen einer Hand, was über die Metapher des gestutzten Flügels dargeboten wird. Gleichzeitig steht der Ausdruck des hohen Fliegens für Helmbrechts Hochfahrt, die aufgrund des gestutzten Flügels zu einem tiefen Fall und abrupten Ende kommen wird (Seelbach 1987, 100):
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|}Der dritte Traum behandelt das Abschlagen einer Hand, was über die Metapher des gestutzten Flügels dargeboten wird. Gleichzeitig steht der Ausdruck des hohen Fliegens für Helmbrechts Hochmut, die aufgrund des gestutzten Flügels zu einem tiefen Fall und abrupten Ende kommen wird (Seelbach 1987, 100):
 
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:<span style="color: #7b879e;">(Ich glaube, dass sich der Traum des Vaters damit erfüllte. Hier ist die Geschichte zuende.)
 
:<span style="color: #7b879e;">(Ich glaube, dass sich der Traum des Vaters damit erfüllte. Hier ist die Geschichte zuende.)
 
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===Die Funktionen der Träume===
 
===Die Funktionen der Träume===
 
Die Träume haben eine essenzielle Bedeutung für den Handlungsverlauf und fungieren als Kernmotive der Erzählung. Angelehnt an die antike Auffassung, Träume könnten Vorausdeutungen auf zukünftige Ereignisse geben, spielt auch Wernhers Helmbrecht mit den Träumen als Stilmittel (Wittmer-Butsch 1990; Weber 2008; Haubrichs 1979; Haag 2003). Indem im Helmbrecht alle Vorausdeutungen wahr werden, verwendet Wernher sie in Übereinstimmung mit Macrobius’ dreiteiliger Klassifikation der „prognostischen, divinatorisch relevanten Gesichte“ (Haubrichs 1979, 246) in ''oracula'', ''visiones'' und ''somnia'' (Haubrichs 1979, 245 f.).<ref>Macrobius (4./5. Jahrhundert) unterteilt Träume in prognostische und agnostische, wodurch ein fünfteiliges Modell entsteht. Die Klasse der agnostischen, unbedeutsamen Gesichte umfasst ''insomnia'' (Träume mit psychosomatischer Ursache, hervorgerufen durch körperliche Reize oder Wünsche / Sorgen) und ''visus'' bzw. ''phantasmata'' („nebelhaft undeutliche Erscheinungen, Trugbilder zwischen Tag und Traum“). Die Klasse der prognostischen, bedeutsamen Gesichte beinhaltet die bereits genannten ''oracula'' (Ankündigungen bzw. Anweisungen durch heilige oder autoritative Instanz), ''visiones'' („exakte Vorwegnahmen des zukünftigen Geschehens“) und ''somnia'' (Symbolträume, die einer Interpretation bedürfen) (Haubrichs 1979, 245; Macrobius, 2019, III, 2 f.).</ref> Der Text steht einer vom frühen bis späten Mittelalter parallel verbreiteten Skepsis gegenüber prognostischen Träumen entgegen.<ref>Im Mittelalter warnte z.B. Papst Gregor der Große vor der Einflussnahme des Bösen durch Träume, da nur Heilige Empfänger göttlicher Botschaften sein könnten und nur diese fähig wären, zwischen einer göttlichen oder teuflisch-dämonischen Herkunft zu unterscheiden (Wittmer-Butsch 1990, 106 f.). Stark rezipiert wurden im Mittelalter auch die Schriften des Aristoteles über Schlaf und Traum, in denen ausschließlich Körper und Seele als Entstehungsorte der Träume deklariert werden (Weber 2008, 30–32).</ref> „[I]m Licht der antiken und christlichen Auffassungen“ (Seelbach 1987, 99) fungieren die Traumnarrative als prognostische Warnungen innerhalb der Erzählung und tragen aufgrund ihrer voraussagenden Charakteristik eine proleptische Funktion auf der narrativen Ebene. Erzählerische Spannung wird aufgebaut, indem die Folgen des Raubrittertums für Helmbrecht zwar durch die Träume angekündigt werden, aber unklar bleibt, ob, wann und durch welche Instanzen sich die Träume erfüllen. Durch die detaillierte anfängliche Beschreibung der ritterlichen Statussymbole, die im Kontrast zu den wertenden, negativen Erzählerkommentaren stehen, werden sie zu sichtbaren Zeichen von Helmbrechts ''superbia''; mit den anschließenden prognostischen Warnträumen wird so „Spannung zwischen der Ausgangssituation und den Folgen“ (Sowinski 1968, 226) geschaffen (Menke 1993, 24, 61 f.). Unterstützend bringt der Erzähler mehrmals proleptische Kommentare im Einklang mit den Warnträumen ein (H V. 680–683), wodurch sie „zu einem Motor der erzählerischen Spannung“ werden (Haubrichs 1979, 256).  
 
Die Träume haben eine essenzielle Bedeutung für den Handlungsverlauf und fungieren als Kernmotive der Erzählung. Angelehnt an die antike Auffassung, Träume könnten Vorausdeutungen auf zukünftige Ereignisse geben, spielt auch Wernhers Helmbrecht mit den Träumen als Stilmittel (Wittmer-Butsch 1990; Weber 2008; Haubrichs 1979; Haag 2003). Indem im Helmbrecht alle Vorausdeutungen wahr werden, verwendet Wernher sie in Übereinstimmung mit Macrobius’ dreiteiliger Klassifikation der „prognostischen, divinatorisch relevanten Gesichte“ (Haubrichs 1979, 246) in ''oracula'', ''visiones'' und ''somnia'' (Haubrichs 1979, 245 f.).<ref>Macrobius (4./5. Jahrhundert) unterteilt Träume in prognostische und agnostische, wodurch ein fünfteiliges Modell entsteht. Die Klasse der agnostischen, unbedeutsamen Gesichte umfasst ''insomnia'' (Träume mit psychosomatischer Ursache, hervorgerufen durch körperliche Reize oder Wünsche / Sorgen) und ''visus'' bzw. ''phantasmata'' („nebelhaft undeutliche Erscheinungen, Trugbilder zwischen Tag und Traum“). Die Klasse der prognostischen, bedeutsamen Gesichte beinhaltet die bereits genannten ''oracula'' (Ankündigungen bzw. Anweisungen durch heilige oder autoritative Instanz), ''visiones'' („exakte Vorwegnahmen des zukünftigen Geschehens“) und ''somnia'' (Symbolträume, die einer Interpretation bedürfen) (Haubrichs 1979, 245; Macrobius, 2019, III, 2 f.).</ref> Der Text steht einer vom frühen bis späten Mittelalter parallel verbreiteten Skepsis gegenüber prognostischen Träumen entgegen.<ref>Im Mittelalter warnte z.B. Papst Gregor der Große vor der Einflussnahme des Bösen durch Träume, da nur Heilige Empfänger göttlicher Botschaften sein könnten und nur diese fähig wären, zwischen einer göttlichen oder teuflisch-dämonischen Herkunft zu unterscheiden (Wittmer-Butsch 1990, 106 f.). Stark rezipiert wurden im Mittelalter auch die Schriften des Aristoteles über Schlaf und Traum, in denen ausschließlich Körper und Seele als Entstehungsorte der Träume deklariert werden (Weber 2008, 30–32).</ref> „[I]m Licht der antiken und christlichen Auffassungen“ (Seelbach 1987, 99) fungieren die Traumnarrative als prognostische Warnungen innerhalb der Erzählung und tragen aufgrund ihrer voraussagenden Charakteristik eine proleptische Funktion auf der narrativen Ebene. Erzählerische Spannung wird aufgebaut, indem die Folgen des Raubrittertums für Helmbrecht zwar durch die Träume angekündigt werden, aber unklar bleibt, ob, wann und durch welche Instanzen sich die Träume erfüllen. Durch die detaillierte anfängliche Beschreibung der ritterlichen Statussymbole, die im Kontrast zu den wertenden, negativen Erzählerkommentaren stehen, werden sie zu sichtbaren Zeichen von Helmbrechts ''superbia''; mit den anschließenden prognostischen Warnträumen wird so „Spannung zwischen der Ausgangssituation und den Folgen“ (Sowinski 1968, 226) geschaffen (Menke 1993, 24, 61 f.). Unterstützend bringt der Erzähler mehrmals proleptische Kommentare im Einklang mit den Warnträumen ein (H V. 680–683), wodurch sie „zu einem Motor der erzählerischen Spannung“ werden (Haubrichs 1979, 256).  
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